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21.11.2001: 8 Uhr: Aufstehen ist angesagt. ...im wahrsten Sine des Wortes ein „freier Tag“, den wir letztendlich planen können, wie wir möchten. Khang bietet uns an, den Morgen damit zu verbringen, zu wandern.
Ich freue mich darauf. Am Abend zuvor habe ich mich noch einmal mit Huong für 12 Uhr verabredet. Ich freue mich noch einmal auf unser Wiedersehen und bin gespannt auf diesen Tag. Doch vorher sehen wir uns im Rahmen
unserer „Wanderung“ erneut eine Pagode an, zu der die Fischer gehen und für einen guten Fang beten. Von diesem Aussichtspunkt sieht man zahlreiche kleine Boote auf dem Meer in weiter Ferne treiben. Dieser
„Blick“ lässt sich aufgrund der weiten Entfernung aber auch nicht mit einer Kamera einfangen. In der Pagode werden wir herzlich von älteren Vietnamesen empfangen und wenden „bodylanguage“ an. Silke schenkt
einer Dame bzw. den dabeistehenden Kindern 4 Bundstifte. Wie so oft glückliche Gesichter. Interessant ist das Verhalten der älteren Dame, als Silke ihr ein Stück Seife schenkt. Anfangs scheint es so, als wüsste
sie gar nicht, was man mit diesem Stück machen soll; doch mit „bodylanguage“ kann man sich überall auf der Welt verständigen. Nach einigen Metern erreichen wir den Strand. Viele schöne Muscheln; doch ich
genieße die traumhafte Ruhe, gehe zu den Fischerfrauen und beobachte, wie sie die Netze säubern. Schließlich laufen wir noch einige Minuten und werden dann vom Bus wieder zurück in Richtung Hotel gefahren. Khang
und ich fahren bis vor die Tür...dabei scherzt Khang und spielt erneut „Amor“...im Hintergrund „Cherry, Cherry Lady“ von Modern Talking...der Busfahrer scheint eine neue Kassette zu haben und plötzlich
wird aus dem Bus ein Diskomobil. Wir singen lautstark mit und haben eine Menge Spaß....gegen 11.15 Uhr fahren wir zurück zum Hotel und bereiten schon einmal das Mittagessen vor (...frische Melone und
Apfelbirnen)...ich liebe diese Früchte hier in Vietnam. Es ist 12 Uhr. Huong ist nicht da ! Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie mich vergessen hat. Sicherlich war es ein Missverständnis. Vermutlich wartet sie
zu hause auf mich. Khang und ich fahren daher gegen 13 Uhr noch einmal los. Am Abend zuvor hat Huong mir erzählt, dass sie unheimlich gerne Badminton spielt. Khang erwähnt in diesem Zusammenhang, dass die
Studenten hier sehr wenig Geld zur Verfügung haben. Daraufhin kommt mir die Idee, Huong ein Badmintonset zu kaufen. Gegen 13.15 Uhr sind wir am Ort. In Gedanken bereits bei Huong lasse ich meine Kamera im Korb an
der Vespa liegen. Doch das fällt mir erst später auf. Als ich in das Haus komme, hat sich wieder recht schnell die ganze Familie versammelt. Huong fragt nach meinem Traum und ich erzähle ihr, dass ein Traum wahr
geworden ist. VIETNAM... wir sprechen über berufliche Ziele und sie fragt mich, ob ich eine Freundin habe. Als ich dieses verneine, möchte Sie den Grund dafür wissen, dass ich noch Single bin..... das frage ich
mich auch und mir fällt es nicht leicht, ihr die tatsächlichen Gründe zu vermitteln. Ich erkläre Khang die in meinen Augen wahren Gründe....Khang benötigt wesentlich länger als ich, um die Gefühle in
vietnamesisch zu vermitteln. In dem Gespräch erzähle ich Huong auch, dass mein beruflicher Traum in Erfüllung gegangen ist; ich mag meinen Beruf und gehe gerne zur Arbeit. Huong konnte ihren Traum
(Englischlehrerin) nicht verwirklichen, da sie die Zulassung (den „Numerus Clausus“) für diesen Beruf nicht erreicht hat. Sie scheint unheimlich intelligent zu sein und ich hätte mir wirklich gewünscht, wenn
Huong ihren Traum hätte verwirklichen können. Ich spreche mit Huong über die Zukunft Vietnams und wünsche mir ein schnelles Wachstum und die bleibende Freundlichkeit der Menschen. Huong wollte wissen, was mir in
Vietnam am besten gefallen hat. Ich hob unser Treffen hervor und spürte in der Luft dieses Glücksgefühl ..immer in Erinnerung bleiben werden wohl die leuchtenden Kinderaugen...[....und nach diesem Urlaub
bin ich mir sicher, dass es vor allen Dingen Huong sein wird, die ich mit Vietnam in Verbindung setzten werde]...ich erkläre Huong, dass ich jede Nacht einen neuen Film vor Augen sehe, um die Eindrücke zu
verarbeiten; das Bild der Kinder, die mit den 2 Ballons spielen, welche schließlich beide zerplatzen, ist in mir wie eingebrannt. Nach 2 Stunden holt uns der Motorradfahrer wieder ab. Ich sehe in den Korb...meine
Kamera liegt nicht mehr in diesem...Schreck.... ! Wenig später holt der Fahrer die Kamera aus der Hosentasche. Ich bin froh...wenigstens dieses Mal ist alles gut gegangen. Während dem Besuch haben wir Huong und
ihre Freunde für den Abend eingeladen. Geplant ist ein großes Lagerfeuer am Strand. Mit hoher Geschwindigkeit (100 km) sausen wir zu Dritt in den Ort...plötzlich ein Verkehrspolizist, der uns scheinbar anhalten
möchte und seinen Arm mit einem Stock ausstreckt...doch wir fahren an ihm vorbei. Als ich Khang darauf anspreche, weil ich wissen möchte, wieso wir nicht stehen geblieben sind und was wir „verbrochen“ haben,
sagt Khang, dass es normalerweise nicht erlaubt ist, mit 3 Personen auf einem Motorrad zu fahren...Ach sooooo...! (Insiderwitz). Seine Erklärung: Der Polizist ist ein Freund des Motorradfahrers...so einfach ist
das. Mir wird wieder bewusst, wie wichtig es in Vietnam ist, ein privates Netzwerk von Beziehungen aufzubauen. Wenig später sind wir wieder im Ort. Als ich erneut in mein Tagebuch meinen Reisebericht schreibe,
dauert es nicht lange , bis ich die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf meinen Reiseführer ziehe. Sie möchten wissen, was über ihren Ort Sam Son geschrieben wird. Mit Gestik zeige ich auf den kilometerlangen
Sandstrand, die Hotels...es scheint, dass sie den Inhalt verstehen. Schließlich sehen sie die Bilder von mir in Österreich...eine Frau möchte ein Bild haben. Ich schenke es ihr und sie bedankt sich freundlich.
Kurze Zeit darauf sitze ich bei Ihnen und darf von ihrem Essen probieren. Nudelteilchen mit einer scharfen Soße ...lecker ! Ich beobachte eine Frau bei der rasendschnellen Herstellung eines Fischernetzes.
Plötzlich beginnt der Motorradfahrer, Späße über mich zu machen. Zuerst scheint es so, als ob er mir eine Frau anbieten möchte. Schließlich holen Sie ein Buch. Zuerst lese ich 47, dann zeigt sie auf eine
Jüngere und schreibt 25...was soll das ? Ich wünsche mir, Khang könnte Klarheit schaffen. Weitere unanständige Gesten lassen diesen Eindruck aufkommen...ich verstehe nichts ! ...wenig später kommt Khang und
erklärt mir, dass die Zahlen das Alter der Personen sind...ich muss lächeln. Die Einheimischen haben mich im wahrsten Sinne des Wortes „auf die Schippe“ genommen...ich lache und wir haben alle eine Menge
Spaß. Nach einem leckeren Abendessen mit frischen Scampis steht wieder der unangenehme Teil auf dem Programm. Das „Rucksackpacken“...die Sonne ist versunken; die Dunkelheit eingebrochen ...unsere Gruppe hat
sich bereits um das Lagerfeuer versammelt. Eine wunderschöne Atmosphäre entwickelt sich. Schließlich kommt Huong mit ihren Freunden. Sie hat mir einen Strauss Blumen mitgebracht. Es ist eine unheimlich nette
Geste; obwohl ich weiß, das es meine Blumen sind, freue ich mich. Huong erklärt mir, dass sie keine Möglichkeit hatte, mir Blumen zu kaufen. Ich erkläre ihr, dass der materielle Wert nicht wichtig ist, sondern
das es vom Herzen kommt. Ich mag Huong sehr und werde ihr Gesicht und ihre Art wohl nicht so schnell vergessen können. Ich fühle eine geistige Verbundenheit....Huong wirkte ein wenig schüchtern, wollte
nichts falsch machen...doch mir wird bewusst, dass unser Treffen etwas besonderes für Sie war und auch für mich ist. Ich werde ihr Armband in Ehren halten. Wenn ich es an meinem Handgelenk sehe, so denke ich an
Huong. Huong erweckt auch in der Gruppe großes Aufsehen. Einhellig war man in der Gruppe der Meinung, das Huong etwas besonderes ist...und ich bin mir sicher...sie ist es ! Ihre Freunde wollten eigentlich nur eine
Stunde bleiben. Huong sagt nach einigen Minuten „2 Stunden“...in Englisch sagt sie mir, dass Sie am liebsten ganz lange bleiben würde. Ich konnte Sie verstehen...ihr Dasein hat mich verändert. Ich mag Sie und
werde Huong so schnell nicht mehr vergessen können. Es war ein „gedanklicher Flirt“ und „eine Urlaubsromanze“, der ich meine eigenen Grenzen gesetzt habe und die ich nicht überschreiten wollte. .... Wir
sitzen am Lagerfeuer. Leider kann keiner von uns so richtig gut Gitarre spielen. Doch wir improvisieren und haben eine Menge Spaß. ...Im Wechsel mit den Vietnamesen singen wir einfache Lieder. Gut, dass die
Vietnamesen die sinnlosen Texte nicht immer verstanden haben....“Eisgekühlter Bommerlunder“ oder „3 Chinesen mit dem Kontrabass“ sind inhaltlich auf jeden Fall nicht besonders anspruchsvoll ...doch die
Stimmung war unbeschreiblich schön. Auch ich werde diesen Abend noch lange in guter Erinnerung behalten. Schließlich leitet Khang den „sportlichen Teil“ ein. Eine Art Tauziehen, bei dem die beiden Vorderen
einen Gürtel umgreifen. Die anderen umgreifen dann auf beiden Seiten jeweils die Hüften des Vordermanns. Auf jeder Seite stehen 5 Leute...und los geht es...als ich im dritten Durchlauf ebenfalls mit einsetze,
endet das Spiel. Der Gürtel reist in 2 Teile; keiner ist verletzt. Wir alle amüsieren uns bestens. Während ich den Liedern lausche du ich noch mit einigen Anderen unterhalte, merke ich, dass Huong mit Natalie in
einem Gespräch vertieft ist.... . Da wir recht wenig Holz hatten, musste nun eine ganze Tanne „dran glauben“. Eine tolle Stimmung...mystisch, romantisch, geheimnisvoll. Gegen 22.30 Uhr verlässt mich
Huong...sie fährt mit dem Fahrrad davon und wirkt etwas traurig. Ich werde Sie nicht vergessen und trage Sie in meinem Herzen. Ich wollte ihr die Blumen mitgeben, da es nur schwer war, diese über die gesamte
Busfahrt nach Deutschland zu transportieren. Doch Khang sagte, dass ich die Blumen unbedingt behalten soll, wenn Sie mir die Blumen zurück geschenkt hat. Ich wollte diesen „schönen Traum“ mit einpacken. Es ist
ein tolles Gefühl, die Zuneigung von Huong zu spüren. Nur schweren Herzen lasse ich sie fahren...ich werde Sie vermissen und hoffe insgeheim, dass ich Sie noch einmal wieder sehen werde. .... Eine Frau am Strand
möchte meine Blumen haben; doch ich habe sie nicht mehr hergegeben. Es war ein Geschenk von Huong. Es waren „unsere Blumen“... Vor der Abfahrt von Sam Son löse ich die Blüten ab und fülle sie in eine Tüte.
Meine Erinnerung an Huong. Diese Blätter werden den Weg nach Deutschland antreten...sie sind eine Erinnerung an Huong. Ich nehme mir vor, einige Blüten in den ersten Brief zu legen, den ich nach Vietnam verschicke.
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